CRICETUS

Laufzeit: 01/2021-06/2023
Der als Kulturfolger früher in weiten Teilen Eurasiens verbreitete Feldhamster wird besonders seit den 1980er Jahren durch veränderte landwirtschaftliche Praktiken, Zersiedelung und Straßenbau dramatisch zurückgedrängt. Die stark bedrohte Spezies wird von deutschem wie internationalem Recht (EU-Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie) stark geschützt, geht jedoch trotzdem immer weiter zurück.
Das Interreg-Projekt CRICETUS bündelt in einem grenzübergreifenden Ansatz Kompetenzen und Kenntnisse über die Ökologie des Feldhamsters auf deut-scher und französischer Seite. Durch die Zusammenarbeit von Forschenden, Landwirt:innen und Institutionen in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und dem Elsass werden Grundlagen geschaffen und Maßnahmen getroffen, die dem Schutz des Feldhamsters und der Agrarlandschaften des Oberrheins dienen. Die insgesamt neun Projektmodule reichen in ihren Aktivitäten von Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit für den Feldhamster über die Erarbeitung von Planungsgrundlagen und neuer Monitoring-Methoden bis zur Ansiedlung neuer Populationen durch Auswilderungen.
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Abbildung 1: Radar-Vegetationsindex (Sentinel 1) im Gebiet einer Hamsterpopulation nordöstlich von Mannheim (dunkle Grüntöne >> dichte Vegetationsdecke. Eigene Abbildung)
Im Projekt CRICETUS entwickelte die RLP AgroScience in 2022 ein innovatives, auf künstlicher Intelligenz (KI) und Satelliteninformation basierendes Habitatmodell für den Feldhamster. Mit Hilfe dieses Modells ist es nun für einen Bereich von rund 25.000 km² möglich, Standorte der Agrarlandschaft flächen-deckend im Hinblick auf ihre Eignung als Hamster-Habitat zu beurteilen. Die AgroScience stellt damit eine Planungsgrundlage zur Verfügung, die Akteuren in Landwirtschaft und Naturschutz die Planung von Maßnahmen zur Förderung der Biodiversität in der Agrarlandschaft deutlich vereinfachen kann. In die umfangreiche Datenbasis der Analyse flossen neben „klassischen“ Geoinformationen wie Boden- oder Landnutzungsdaten auch erstmals Informationen aus der Auswertung hochaktueller Satellitenbilder ein (Copernicus Sentinel 1 und 2).
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Abbildung 2: Das Ergebnis der Modellierung im Bereich des Vogelschutzgebiets Hilbersheim: Dunkle Brauntöne zeigen eine hohe erwartete Habitateignung, helle Töne eine geringe Eignung an (Eigene Darstellung).
Somit konnte neben den Erntezeitpunkten landwirtschaftlicher Flächen das für das Überleben des Feldhamsters so wichtige Angebot an Flächen mit Deckungsvegetation räumlich und zeitlich in der Analyse berücksichtigt werden.
Neben der Entwicklung des KI-basierten Habitatmodells engagierte sich die AgroScience bei der Erprobung neuer Monitoring-Methoden mit Versuchen zum Einsatz drohnengestützter Sensoren. Hier wurden die Möglichkeiten der Hamster-Erfassung mit Multispektral- und Thermal-Kameras getestet. Unterstützt wird das Projekt aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE – Interreg V), die Arbeit der AgroScience wird zusätzlich vom Projektpartner Stiftung Natur und Umwelt RLP finanziell mitgetragen.
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Abb. 4: Flächenanalyse im Umkreis von 500 m für jeden Punkt (hier: Erntezeitpunkte). Jeder Punkt erhält so eine individuelle Charakteristik seines Standortes und seiner Umgebung (Eigene Darstellung).
Mit dem Einsatz von Satellitentechnologie, künstlicher Intelligenz und der Anwendung auf einen so großen Raum betritt die AgroScience Neuland bei Design und Auswertung von Big Data. Die rund 4,7 Millionen Punkte des für die Analyse generierten Punktgitters bilden in einem 50 m-Abstand ein dichtes Netz, das sich auf rund 25.000 km² von südlich Colmar im Elsass nach Norden über den gesamten Oberrheingraben bis weit in die hessischen Populationsgebiete des Hamsters spannt. Jeder dieser potenziellen Hamster-Siedlungspunkte sowie seine Umgebung in einem Umkreis von 500 m wurde in Form einer Datenbank umfassend mit Geodaten im Hinblick auf seine ökologischen und landwirtschaftlichen Eigenschaften erfasst und statistisch beschrieben.
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Abb. 4: Flächenanalyse im Umkreis von 500 m für jeden Punkt (hier: Erntezeitpunkte). Jeder Punkt erhält so eine individuelle Charakteristik seines Standortes und seiner Umgebung (Eigene Darstellung).
Zur Auswertung dieser Datenfülle wurde ein KI-Modell trainiert, das in der Lage ist, die charakteristischen Merkmalskombinationen geeigneter Hamsterstandorte anhand realer Siedlungspunkte des Feldhamsters zu erlernen (Machine Learning). Auf das Gitter angewendet beurteilt das Modell jeden Punkt auf der Basis seiner Merkmalskombinationen und gibt ihm einen Wahrscheinlichkeitswert für seine Eignung als Hamster-Lebensraum. Das Ergebnis ist eine flächendeckende, hoch auflösende Karte zur Eignung der Landschaft als Lebensraum für den Feldhamster. Sie wird einerseits als Grundlage für die projektinterne Planung von Auswilderungsmaßnahmen Verwendung finden. Durch ihren großflächigen und überregionalen Ansatz eignet sie sich aber auch als Grundlage für größer angelegte Planungen von Schutzkonzepten und Maßnahmen in den beteiligten Regionen.
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Abb. 5: 500 m-Konnektivität von Habitatpatches mit voraussichtlich
hoher Habitateignung (Eigene Darstarstellung).
Projektseite bei der Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz.
Projekt bei Interreg-Oberrhein


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Gregor Tintrup gen. Suntrup
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